Die Jahre 1920 bis 1932

Der Frieden nach dem Ersten Weltkrieg war auch in München von politischer Instabilität geprägt. Dazu wurde München von großen Bränden und Unglücken erschüttert, darunter der Brand des Glaspalastes und der Schrannenhalle.

Nach dem Ersten Weltkrieg

Angeführt von der USPD, einer Abspaltung der SPD, und dem vom Münchner Arbeiter- und Soldatenrat eingesetzten Zentralrat wurde die „Münchner Räterepublik“ am 7. April 1919 ausgerufen. Die Regierung unter Ministerpräsident Johannes Hoffmann (SPD), die erst drei Wochen zuvor gewählt worden war, erklärte man für abgesetzt. Sie wich nach Bamberg aus und versuchte von dort aus mit Hilfe der Republikanischen Soldatenwehr, das Räteregime in München am 13. April zu stürzen. Dieser Angriff scheiterte allerdings am Widerstand der „Roten Armee“, die inzwischen vom Räteregime aufgestellt worden war.

Nach dem siegreichen Widerstand übernahm die KPD vorübergehend die Führung der Räterepublik, diese währte jedoch nicht lange, denn am 27. April übernahm der gemäßigte Führer der USPD, Ernst Toller, die Leitung. Angesichts der katastrophalen Versorgungslage in München drängte Toller auf Verhandlungen mit der Regierung Hoffmann, diese lehnte jedoch jeden Kompromiss ab.

Der Ministerpräsident schickte am 1. Mai 1919 von Bamberg aus Freikorpsverbände und reguläre Truppen aus Berlin nach München. Dieser Kampf kostete über 600 Tote bis zur Niederschlagung der Räterepublik am 3. Mai 1919. Anschließend setzte im Rahmen der Reichsexekution der „Weiße Terror“ ein, der weitere rund 2.000 Opfer forderte.

Da einige Protagonisten des Frühjahrs 1919 Linke jüdischer Herkunft waren – etwa Kurt Eisner, der ermordete Ministerpräsident (Vorgänger von Johannes Hoffmann), sowie politische Leitfiguren der Münchener Arbeiter- und Soldatenräte wie Ernst Toller, Erich Mühsam und Kurt Landauer – löste die Niederschlagung der Räterepublik in München eine stärkere Welle des Antisemitismus aus als in anderen deutschen Großstädten und trug letztlich zur Entstehung des Nationalsozialismus in der späteren „Hauptstadt der Bewegung“ bei.

Es liegen nur wenige Archivalien aus der betreffenden Periode vor. Das Brandbuch der Hauptwache stellt jedoch eine verlässliche Quelle für die Einsätze des Jahres 1919 dar. Neben mehreren Kleinbränden mit natürlicher Ursache sind zahlreiche Fehlalarme dokumentiert, überwiegend ausgelöst durch mutwillige Eingriffe oder „Lausbubenstreiche“. Daneben sind drei Einsätze verzeichnet, die unmittelbar mit den zeitgleichen Kampfhandlungen in Verbindung standen. Insgesamt wurden für den Zeitraum vom 7. April bis 4. Mai 1919 insgesamt 28 Einsätze der Feuerwehr München registriert.

Am 15. April 1919 rückte die Nebenwache V aus der Kellerstraße in die Äußere Wiener Straße aus, um einen von durchfahrenden Soldaten abgeschossenen Leitungsdraht der Straßenbahn zu sichern. Mit Beginn der Kämpfe am 1. Mai 1919 wurde es auch für die Feuerwehr München gefährlich. In der Nacht um 3:47 Uhr wurde durch Artilleriefeuer ein Kiosk am Stachus (Karlsplatz) in Brand geschossen. Durch das heftige Artillerie- und Gewehrfeuer der rivalisierenden Seiten konnte die Feuerwehr jedoch nicht tätig werden, ohne das Leben der eigenen Feuerwehrleute zu gefährden.

Die Führung der Branddirektion wartete daher mit der Entsendung von Löschkräften, bis die Waffen schwiegen.

Um 10:15 Uhr rückte ein Mannschaftswagen der Hauptwache zum Stachus aus und löschte den bereits ausgebrannten Kiosk mit zwei Strahlrohren von einem Hydranten. Nachdem alle Brandnester gelöscht waren, rückte die Mannschaft gegen 12:30 Uhr wieder in die Hauptwache ein.

Zuvor war um 10:00 Uhr ein Arbeitswagen in die Ettstraße 2 zum Polizeigebäude ausgerückt. Die revolutionären Horden hatten die dort lagernden Akten der Polizeiregistratur und des Einwohnermeldeamts aus den Fenstern in zwei Innenhöfe geworfen und teilweise in Brand gesetzt. Durch Ablöschen mit zwei Strahlrohren, gespeist von zwei Privathydranten des Polizeipräsidiums, wurde der Entstehungsbrand gelöscht. Im Anschluss konnten die Mitarbeiter des Einwohnermeldeamts die Akten sichten und so weit wie möglich wieder sichern.

Um 12:18 Uhr ging für den 1. Löschzug der Hauptwache ein Alarm ein, mit dem Einsatzort Bayerstraße 3 und 5. In diesem Gebäude, bekannt als das „Mathäser“, einem der größten Bierkeller der Stadt, hatte der Arbeiter‑ und Soldatenrat sein Hauptquartier. Um die roten Truppen der Kommunisten, die das „Mathäser“ besetzten, länger einsatzfähig zu halten, wurde das dort vorrätige Weißbier mit Kracherl (Zitronenlimonade) gestreckt. Daraus ließ sich die bis heute bekannte „Russenmaß“ ableiten.

Der zuerst anrückende Löschzug stellte einen ausgedehnten Dachstuhlbrand fest, der reichlich Nahrung in den dort gelagerten Möbeln, Kisten, Betten und „Speicherkram“ fand, wie dem Einsatzbericht Nr. 109 der Hauptwache zu entnehmen ist. Der Löschzug ging im ersten Angriff mit vier Strahlrohren gegen den Brand vor.

Weitere Kräfte wurden über das Feuermeldenetz angefordert. Daher rückte auch der zweite Löschzug der Hauptwache mit dem Arbeitswagen an. Auch die nächstgelegene Nebenwache III und die Abteilung III der Freiwilligen Feuerwehr München in der Schulstraße wurden alarmiert. Allerdings war das Fernmeldenetz der Feuerwehr durch die Kämpfe offenbar in Mitleidenschaft gezogen, sodass keine Kommunikation zwischen Haupt- und Nebenwache III und der Abteilung der Freiwilligen möglich war.

Daher alarmierte die Nachrichtenstelle der Berufsfeuerwehr die Abteilung 6 der Freiwilligen Feuerwehr in Giesing, die daraufhin mit beiden Abteilungen A und B ausrückte. Die nachrückenden Kräfte setzten fünf weitere Strahlrohre ein. Insgesamt wurden sechs Schlauchleitungen im Innenangriff und drei Schlauchleitungen im Außenangriff vorgenommen, zwei über Motorleitern und eine über Steckleitern.

Nach drei Stunden meldete Brandoberinspektor Dirnagl um 15:01 Uhr „Gefahr vorüber“ und rückte mit einem Teil der Löschzüge wieder in die Hauptwache ein. Eine Brandwache, bestehend aus einem Dienstgrad, acht Mann der Berufsfeuerwehr und drei Mann der Freiwilligen Feuerwehr, blieb mit vier Schlauchleitungen bis 19:30 Uhr am Brandplatz. Anschließend wurden diese Kräfte von dienstfreien Beamten der Berufsfeuerwehr, darunter ein Oberfeuerwehrmann und sechs Mann, als Brandwache abgelöst die bis 23:30 Uhr die Stellung hielten.

So endete für die Feuerwehr München die blutige Schlacht um die Räterepublik in München.

1. Februar 1922 – München erhält eine Branddirektion

Am 31. Januar 1922 verabschiedete sich der bisherige Kommandant der Berufsfeuerwehr, Oberbaurat Niedermayer, in den Ruhestand. Der kommende Wechsel an der Spitze wurde zu einer entsprechenden Reorganisation der Feuerwehr genutzt. Der künftige Leiter der Berufsfeuerwehr war nicht mehr Oberkommandant der Berufs- und Freiwilligen Feuerwehr, die Berufsfeuerwehr München wurde zur Branddirektion und ihr Leiter erhielt den Titel Branddirektor. Das Oberkommando wurde aufgelöst und die Freiwillige Feuerwehr München der Branddirektion unterstellt.

Erster Branddirektor wurde der seit 1905 bei der Berufsfeuerwehr München tätige städtische Oberingenieur Karl Dirnagl, der zuvor als Brandmeister erfolgreich die Motorisierung der Feuerwehr geleitet hatte. Dirnagl war zwar seit 1919 Mitglied der Sozialdemokratischen Partei (SPD), hatte seine Gesinnung jedoch nie im Dienst offen kundgetan, wie seine führenden Mitarbeiter in einem Schreiben vom 21. Dezember 1933 gegen seine Absetzung bekundeten. Er versuchte, die Feuerwehr München in dieser schwierigen Zeit möglichst unpolitisch zu führen.

An der Spitze der Freiwilligen Feuerwehr München stand zu diesem Zeitpunkt Kommandant Adolf Ecker, Magistratsrat und späterer Landesbranddirektor. Ecker war es ein großes Anliegen, mit dem neuen Branddirektor das Verhältnis zwischen Branddirektion und Freiwilliger Feuerwehr zu stärken und alte Spannungen zwischen dem früheren Oberkommando und der Freiwilligen Feuerwehr zu begraben.

Den Titel des Oberkommandanten trug nun der Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr München, Adolf Ecker, der mit Branddirektor Dirnagl fortan das Führungsteam der Feuerwehr München bildete. Gemeinsam führten sie die Feuerwehr durch die schwierige Zeit der Weimarer Republik bis zur Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933, die auch die Feuerwehr München massiv verändern sollte.

1925 – Weitere Motorspritzen verstärken die FF München

Im Jahr 1923 tobte in Deutschland die Hyperinflation, die erst mit der Einführung der Rentenmark gestoppt wurde. Nachdem sich die Lage offenbar wieder stabilisiert hatte, entschied sich der Magistrat 1925 zum Kauf von vier neuen Motorspritzen des Herstellers Magirus, Modell „Trossingen“.

Diese Annahme stützt sich zumindest auf die noch erhaltene Spritze, die im Feuerwehrmuseum Bayern steht: Die dortige Pumpennummer 1778 gehöret zu einer Serie (1775–1778) von vier Motorspritzen aus dem Baujahr 1925.

Drei Abteilungschroniken nennen die Inbetriebnahme dieser Motorspritzen: eine in Moosach am 13. Dezember 1925, je eine in Oberföhring und Forstenried im Jahr 1927. Im sogenannten „PINI‑Album“, das 1936 alle Feuerwachen, Gerätehäuser und Fahrzeuge der Feuerwehr München abbildet, sind vier Motorspritzen bei den Abteilungen 14 (Waldperlach), 16 (Trudering), 17 (Michaeliburg) und 18 (Waldtrudering) fotografisch dokumentiert.

Damit handelt es sich sehr wahrscheinlich um die vier 1925 gemeinsam beschafften Motorspritzen. Vermutlich war die vierte Spritze bei der Abteilung 09 (Milbertshofen) stationiert. Hierzu gibt es aber leider keinen Beleg da die Löschgruppen nach dem Zweiten Weltkrieg aufgelöst wurden und ihre Akten in den Nachkriegswirren verloren gegangen sind.

Die Motorspritzen waren für den Pferdezug ausgelegt. In Moosach wurde dies, wie Bilddokumente belegen, auch mit vorhandenen Kaltblütern praktiziert, während die Spritzen in den betreffenden Abteilungen später von Lastkraftwagen oder Traktoren gezogen wurden, da alle vier Geräte inzwischen mit einer Anhängerdeichsel versehen waren. In Waldperlach existiert sogar ein Schriftwechsel zum „Anspanndienst“ eines ortsansässigen Spediteurs mit seinem Lkw.

24. Mai 1926 – Das große Eisenbahnunglück am Ostbahnhof

„Nichtsahnend kehrten fröhliche Ausflügler heim“, so der einleitende Titel eines filmischen Dokumentes von diesem Pfingstfeiertag im Jahr 1926. Um 22:53 Uhr übersah der Lokomotivführer des aus Rosenheim kommenden „Salzburger Zuges“ das auf „Halt“ stehende Blocksignal. Mit hoher Geschwindigkeit fuhr der Zug in den auf der Strecke haltenden „Berchtesgadener Zug“ hinein. Die Lokomotive bohrte sich förmlich in die hinteren Wagen des vorstehenden Zuges.

Die Freiwillige Feuerwehr München war mit der Abteilung 6 (Giesing) im Einsatz; die Berufsfeuerwehr München war mit der Nebenwache V vor Ort. Helfer versuchten in der Nacht, sich einen Weg durch die Metalltrümmer zu bahnen, um Schwerverletzte aus lebensgefährlichen Lagen zu befreien. 

Dieses bis dahin größte Eisenbahnunglück in München forderte 30 Tote und mehr als 100 teils Schwerverletzte.

1. Januar 1930 – Weitere Eingemeindungen verstärken die FF München

Einige Vorortgemeinden litten noch immer unter großer Not und standen faktisch vor der Pleite, was für eine Kommune jedoch nicht hinnehmbar war. Die Gemeinde Perlach war eine derart bettelarme Gemeinde, die bereits mehrfach einen Antrag auf Eingemeindung in die Landeshauptstadt gestellt hatte. 1929 war es so weit: Der Stadtrat von München befürwortete die Eingemeindung von Perlach und Daglfing.

Daglfing brachte eine Feuerwehr in die Eingemeindung ein, allerdings mit drei Unterabteilungen in den Ortsteilen Daglfing, Englschalking und Johanniskirchen. Alle drei wurden aber in der Organisation der FF München als gemeinsame Organisation unter der Bezeichnung Abteilung 12 geführt.

Der Verein der FF Dagelfing blieb selbstständig bestehen. Leider geben die vorhandenen Akten nicht darüber Auskunft welches Gerät die Gemeinde eingebracht hatte. Es gibt lediglich einen schriftlichen Hinweis des Abteilungskommandanten Weinmann an den Branddirektor Dirnagl, in dem er um einen Betonboden vor dem Feuerhaus in Daglfing bittet, da dieser „zwecks Reinigung der Motorspritze unbedingt notwendig ist“.

Perlach brachte zwei Feuerwehren in die Freiwillige Feuerwehr München ein: die Freiwillige Feuerwehr Perlach, die fortan als Löschgruppe 13 geführt wurde, und die Freiwillige Feuerwehr Waldperlach, die sich erst drei Jahre zuvor aus Eigeninitiative der dortigen Siedlergemeinschaft gegründet hatte und nun als Löschgruppe 14 innerhalb der Freiwilligen Feuerwehr München fungierte.

Zwar wurden beide Feuerwehren mit den Abteilungsnummern in die Organisation der FF München einverleibt, aber die beiden Vereine behielten ihre Selbstständigkeit.

An oberster Stelle der Wünsche der Gemeindevertreter von Perlach, die 1929 in der Münchner Zeitung Nr. 298 abgedruckt wurden, stand als Nr. 1: „Die Motorspritze soll in Perlach verbleiben und der Freiwilligen Feuerwehr Perlach im Brandfalle und zu Übungen überlassen bleiben.“

14. September 1930 – Die Weimarer Republik beginnt zu wanken

Anfang der 1930er Jahre entstand in Deutschland ein Machtvakuum. Bedingt durch die Wirtschaftskrise von 1929 und ihre Folgen, unter anderem für die erst 1927 eingeführte Arbeitslosenversicherung, begann die relative Stabilität der Weimarer Republik zu bröckeln.

Bei der Reichstagswahl am 14. September 1930 verzeichnete die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) die stärksten Zugewinne und wurde nach der SPD zur zweitstärksten Kraft im Parlament. Weder die SPD noch die NSDAP erhielten jedoch den Regierungsauftrag; stattdessen erhielt Heinrich Brüning von der drittstärksten Partei, dem Zentrum, erneut das Mandat zur Regierungsbildung. Dieses Präsidialkabinett, das ohne parlamentarische Mehrheit ausschließlich mit Notverordnungen unter Reichspräsident Paul von Hindenburg regierte, verlor zunehmend an Legitimation und Kontrolle.

Die NSDAP nutzte jede Gelegenheit, gegen andersdenkende Regierende auf Reichs‑, Landes‑ und kommunaler Ebene vorzugehen und deren Handeln anzuprangern. Auch bei der Feuerwehr München sah sich der SPD‑Politiker und städtische Branddirektor Karl Dirnagl, wiederholt den Anfeindungen der NSDAP ausgesetzt, wie etwa der Fall des Brandes im Glaspalast zeigte.

6. Juni 1931 – Der Glaspalast in München brennt!

Glaspaläste galten Mitte des 19. Jahrhunderts als technische Innovation schlechthin. Die Glas‑Eisen‑Konstruktionen erfreuten sich großer Beliebtheit und wurden oft als moderne Ausstellungshallen für Industrieausstellungen genutzt; dank standardisierter Bauteile ließen sie sich in kurzer Zeit errichten.

In London entstand der Crystal Palace, in Wien die Rotunde und in München der Glaspalast, der zur ersten Deutschen Industrieausstellung 1854 im alten Botanischen Garten aufgebaut wurde. Allen drei Glaspalästen ereilte nach etwa 70 Jahren Nutzung dasselbe Schicksal: Sie brannten vollständig ab, obwohl sie selbst aus nicht brennbarem Glas und Stahl bestanden.

Das Problem lag in den im Gebäude gelagerten oder ausgestellten, leicht brennbaren Materialien sowie in der Konstruktion ohne feuerhemmende Unterteilungen und mit Dachlüftungen, die bei einem Brand einen Kamineffekt erzeugten und den Brand stark anfachten.

Die Branddirektion München wies wiederholt auf diese Missstände hin. Bereits 1911 stellte eine Kommission aus Vertretern des Stadtrats, des Landtags und der Branddirektion fest: „Mit Rücksicht darauf, dass es unmöglich ist, im Glaspalast befriedigende feuerpolizeiliche Verhältnisse zu schaffen, musste sich die Kommission darauf beschränken, nachstehend nur die dringlichsten Maßnahmen, deren Durchführung möglich ist, festzustellen.“

Das Unglück am 6. Juni 1931 war damit beinahe zwangsläufig. Um 3:26 Uhr löste in der Hauptfeuerwache der Feuermelder in der Karlstraße 23 aus; daraufhin rückte sofort der erste Löschzug der Hauptwache aus. Kurz darauf gingen weitere Melder im Glaspalast (Arcisstraße 1) und um 3:29 Uhr der Melder Karlstraße 54a ein. Als der Löschzug vom Sendlinger‑Tor‑Platz in die Sonnenstraße einbog, war bereits eine mächtige Feuersäule sichtbar. Fünf Minuten später, bei Eintreffen am Einsatzort, standen der gesamte Mittelbau sowie Teile des westlichen und östlichen Seitenflügels des Glaspalastes in Flammen.

Während der erste Löschzug die ersten Rohre vornahm, meldete um 3:33 Uhr der Feuermelder Karlstraße 23 „Großfeuer“ – die Meldung erreichte die Hauptwache jedoch nur teilweise, da eine Feuermeldeleitung durch die Hitze zerstört worden war. Da keine vollzähligen Rückmeldungen eingingen, wurden telefonisch weitere Kräfte angefordert. Daraufhin rückten von der Hauptfeuerwache der zweite Löschzug und die Überland‑Motorspritze sowie die Feuerwache III (Schulstraße) aus. Die Freiwillige Feuerwehr alarmierte die Abteilungen III (Neuhausen), IV (Schwabing) und VI (Giesing), die bereits um 3:39 bzw. 03:48 Uhr am Brandort eintrafen.

Mit insgesamt 33 Strahlrohren, gespeist aus mehreren Hydranten und druckverstärkt durch sechs Motorspritzen, wurde der Brand bekämpft. Ein in den ersten fünf Minuten unternommener Innenangriff musste abgebrochen werden, da Teile des Mittelbaus bereits einstürzten; dennoch konnten dabei noch etwa 50 Gemälde gerettet werden. Nach etwa vier Stunden war die Hauptgefahr gebannt und einzelne Einheiten konnten abrücken. Für Brandwache und Ablöscharbeiten wurden später die Abteilungen I (Sendling), II (Laim) und V (Au) herangezogen; somit waren alle motorisierten Innenstadtabteilungen der Freiwilligen Feuerwehr München im Einsatz.

Fünf Berufsfeuerwehrmänner erlitten Verletzungen, die bis auf einen Fall leicht blieben. Der Feuerwehrmann Jakob Priller erlitt durch eine herabfallende Glasscheibe einen Sehnendurchschnitt am großen Zeh und war anschließend sechs Wochen dienstunfähig.

Neben dem Totalverlust der Ausstellungshalle wog der Verlust der Kunstgegenstände besonders schwer: Im Glaspalast fand zu diesem Zeitpunkt eine Ausstellung der deutschen Romantik statt; 2.875 Kunstwerke wurden vernichtet. Die Katastrophe löste in der Bevölkerung zahlreiche Spekulationen über die Brandursache aus – von Brandstiftung bis zu fahrlässigen Handwerkern.

Tatsächlich war der Auslöser ein Eimer mit in Leinöl getränkten Putzlappen, die zum Reinigen von Bilderrahmen verwendet wurden. Solche Lappen neigen zur Selbstentzündung. Vorhandene Vorhangstoffe und weiteres brennbares Material lieferten dem Entstehungsbrand sofort reichlich Brennstoff. Infolge der klimatischen Strömungsverhältnisse im Glaspalast und des Fehlens von Brandschutzwänden breitete sich das Feuer rasch über die gesamte Ausstellung aus. Die anrückenden Kräfte hatten von Beginn an keine Chance, den Brand in der Entstehungsphase zu bekämpfen.

Politisch aufgeladen waren die Vorwürfe der NSDAP, deren Parteizentrale, das „Braune Haus“, am Königsplatz in Sichtachse zum Glaspalast lag. Wachmänner der SS, die das „Braune Haus“ bewachten, behaupteten im „Völkischen Beobachter“, der Brand sei bereits um 3:10 Uhr ausgebrochen; man habe versucht, über einen Feuermelder in der Karl‑ und Arcisstraße zu melden, dieser sei jedoch defekt gewesen. Außerdem habe die Telegraphenstelle des „Braunen Hauses“ versucht, den Brand direkt der Telegraphenstelle der Hauptfeuerwache zu melden; diese Meldung sei von der Feuerwehr nicht ernst genommen worden.

Demnach habe ein SS‑Mann (Koch) um 3:15 Uhr an der Karl‑/Arcisstraße ein Auto mit einem SA‑Mann (Schneider) angehalten; Schneider sei zur Hauptwache geeilt, wo ihm zunächst kein Gehör geschenkt worden sei. Bei einem weiteren Versuch habe man ihm die lapidare Aussage gegeben: „Die Sache kriegen wir schon.“ Nach einem dritten Alarmversuch sei die Feuerwehr schließlich ausgerückt; Schneider behauptete, er habe zehn Minuten an der Wache verbracht, bis die Feuerwehr ausgerückt sei. Nach Angaben der Männer des „Braunen Hauses“ vergingen vom ersten Alarm bis zum Eintreffen des ersten Löschzuges 22 Minuten; das erste Wasser sei erst um 3:40 Uhr gegeben worden.

Diese Darstellung übermittelte SS‑Oberführer Süd von Grolmann bereits am 6. Juni 1931 in einem Schreiben an den Polizeipräsidenten Julius Koch, der als Gegner der NSDAP galt. Grolmann schloss mit den Worten: „Sollte die Feuerwehr auf nationalsozialistische Hilferufe hin langsamer arbeiten, als man es sonst von ihr erwartet, so muß festgestellt werden, daß in diesem Fall hohe Kulturwerte und stattliche Gebäude die Leidtragenden waren.

Der Polizeipräsident leitete daraufhin eine Untersuchung ein und ließ SS‑ und SA‑Männer vernehmen. Alle gaben eidesstattliche Erklärungen ab, in denen sie ihre zuvor gemachten Aussagen bestätigten, wiesen jedoch zugleich darauf hin, dass sie keine Uhren bei sich gehabt hätten und die Zeitangaben anhand des üblichen Wachwechsels am „Braunen Haus“ geschätzt hätten.

Ohne das polizeiliche Untersuchungsergebnis abzuwarten, stellte die Fraktion der NSDAP im Münchner Stadtrat den Dringlichkeitsantrag Nr. 247 zur Klärung der Vorwürfe gegen die Alarmierung der Feuerwehr München. Der zuständige berufsmäßige Stadtrat Karl Preis (SPD) erläuterte die Alarmkette sachlich anhand der Telegraphenprotokolle, trotz ständiger Zwischenrufe der NSDAP‑Stadträte Esser und Fiehler; Oberbürgermeister Dr. Scharnagel (BVP) musste mehrfach einschreiten. Am Ende wurde deutlich, dass die Vorwürfe der NSDAP unbegründet waren. Nach langer Debatte erklärte der Oberbürgermeister den Antrag Nr. 247 durch Abstimmung für erledigt – mit acht Gegenstimmen (NSDAP und DNVP).

Das achtseitige Ratsprotokoll zu diesem Antrag gibt detailliert Auskunft über die damalige Stimmung, die nicht nur den Stadtrat, sondern die gesamte Stadt prägte. Nicht einmal 21 Monate nach dieser Plenarsitzung mussten die Hauptakteure, die die Angriffe der Nationalsozialisten verteidigt hatten, ihre Ämter räumen: Oberbürgermeister Karl Scharnagel (BVP) trat zum 31. März 1933 freiwillig zurück; Stadtrat Karl Preis (SPD) wurde am 31. März 1933 seines Amtes enthoben und musste auch als Aufsichtsratsvorsitzender der von ihm gegründeten GEWOFAG (Gemeinnützige Wohnungsfürsorge AG) zurücktreten. Polizeipräsident Julius Koch wurde am 10. März 1933 aufgrund des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums abgesetzt mit der Begründung, er habe „als Polizeipräsident in München die nationale Bewegung in maßloser Weise bekämpft“.

Das Entlassungsverfahren gegen Branddirektor Karl Dirnagl dauerte von August 1933 bis Februar 1934, da zahlreiche wohlwollende Protestschreiben eingingen, u. a. von seinen Kollegen in der Branddirektion, der Freiwilligen Feuerwehr München und vom Landesbranddirektor Ecker. Am 24. November 1933 wurde Dirnagl vorläufig vom Dienst enthoben; endgültig in den Ruhestand versetzt wurde er am 10. Februar 1934.

8. April 1932 – Wieder brennt eine Eisenkonstruktion – die „Münchner Schranne“

Die Schrannenhalle war die erste Eisenkonstruktion Münchens und wurde vom damaligen Stadtbaurat Karl Muffat in den Jahren 1851 bis 1853 errichtet. Der junge Architekt im Stadtbauamt, Arnold Zenetti, assistierte bei der Umsetzung des Bauprojekts. Eigentlich hieß die Halle Maximilians-Getreide-Halle, vom Volk wurde sie jedoch „Schranne“ genannt (Schranne = Getreidemarkt).

Der Getreidehandel am Viktualienmarkt war bereits Ende des 19. Jahrhunderts zurückgegangen und wurde 1912 endgültig in die neue Großmarkthalle verlegt. Ein Teil der Halle wurde demontiert und eingelagert; nach seiner Wiederentdeckung wurde dieser Teil 2005 wiederaufgebaut. 1912 blieb nur der nördliche Kopfbau mit der Freibank und südlich ein Teil der Eisenhalle erhalten.

Die Halle wurde unter anderem vom Wohlfahrtsamt zur Möbeleinlagerung genutzt. Außerdem dienten Teile der Schranne als Garage für Kraftfahrzeuge, von denen auch der Entstehungsbrand ausging. Ähnlich wie beim Glaspalast verfügte die Schranne nicht über Brandschutzwände, worauf die Branddirektion in den Jahren zuvor wiederholt hingewiesen hatte. Durch diese baulichen Versäumnisse sowie die ungeeignete Möbeleinlagerung und Abstellung von Kraftfahrzeugen fand das Feuer genügend Nahrung für einen Großbrand.

Um 2:31 Uhr lief der Feuermelder vom Rosental 7 in der Hauptfeuerwache ein, der vermutlich von der Wirtin der Gaststätte „Schwarzfischer“ betätig wurde, die den Brand auf ihren Nachausweg entdeckte, wie Sie später zu Protokoll gab.

Schon beim Einbiegen des 1. Löschzugs in den Unteren Anger – damals noch keine Einbahnstraße und direkt mit dem St.-Jakobs-Platz verbunden – hoben sich die Dächer der umliegenden Gebäude rot gefärbt vom Nachthimmel ab.

Bei Eintreffen am Brandort stand die gesamte Schranne bis zur Freibank in Vollbrand und hatte bereits auf die gegenüberliegenden Gebäude in der Blumenstraße übergegriffen. Angefacht durch den zu diesem Zeitpunkt herrschenden starken Südwestwind wurden auch die östlichen Gebäude der Blumenstraße und die Freibank in Mitleidenschaft gezogen; bei acht Häusern brannten bereits Dachvorsprünge, Fensterblöcke und Läden.

Um ein weiteres Übergreifen des Feuers zu verhindern, wurde eine Riegelstellung mit zwei Schlauchlagen in Höhe „Am Einlass“ befohlen und zusätzliche Schlauchlagen zum Schutz der Häuserfronten in der westlichen Blumenstraße gelegt.

Nachdem sogar von der Hauptfeuerwache der helle Feuerschein zu sehen war, rückte der 2. Löschzug selbstständig zum Brandplatz aus und begann, die bereits lichterloh brennenden Häuserfronten, Läden und Wohnungen in der östlichen Blumenstraße zu abzulöschen.

Zwischenzeitlich wurde von der Brandstelle „Großalarm“ gegeben. Es rückten weiter Einheiten der Berufsfeuerwehr (Feuerwache I, III, IV und V) zur Schranne aus. Ebenfalls wurde folgende Abteilungen der Freiwilligen Feuerwehr alarmiert:

  • 2:52 Uhr: Abteilung 5 – Au, eingerückt 9:30 Uhr
  • 2:54 Uhr: Abteilung 1 – Sendling, eingerückt 8:18 Uhr
  • 2:55 Uhr: Abteilung 6 – Giesing, eingerückt 11:02 Uhr
  • 3:12 Uhr: Abteilung 3 – Neuhausen, eingerückt 12:13 Uhr
  • 3:19 Uhr: Abteilung 4 – Schwabing, eingerückt 12:00 Uhr
  • 3:21 Uhr: Abteilung 2 – Laim, eingerückt 12:13 Uhr

Besonders erschwerend wirkten die starken Südwestwinde. Das Ablöschen der in Windrichtung liegenden Wohnhäuser in der östlichen Blumenstraße und an der Freibank bereitete den Einsatzkräften erhebliche Probleme, wie Branddirektor Dirnagl in seinem Schlussbericht bemerkte.

Der ausgedehnte Brand wurde mit 40 Rohren und acht Motorspritzen zur Druckverstärkung bekämpft. Über sechs Motordrehleitern und vier tragbare Leitern wurden zusätzliche Löschangriffe vorgenommen. Erstmalig wurde auch erwähnt, dass für gezielte Innenangriffe, sechs Sauerstoffgeräte und 14 Gasmasken mit Filter in Anwendung kamen.

Letztlich fiel die Schrannenhalle den Flammen zum Opfer. Auch die Freibank sowie mehrere Häuser in der Blumenstraße und der Utzschneiderstraße – darunter die Löwenapotheke – wurden schwer beschädigt.

Zwei Berufsfeuerwehrleute erlitten schwere Verletzungen, nachdem ein Treppenhaus einstürzte und sie rund sechs Meter in die Tiefe stürzten; sie zogen sich mehrere Rippenbrüche und Prellungen zu.

Insgesamt wurden 87 Feuerwehrleute verletzt. Neben den zwei schwerverletzten Berufsfeuerwehrleuten gab es zwei weitere schwere Rauchvergiftungen. Die übrigen Verletzungen waren überwiegend Schnitt- und Rissverletzungen sowie Stromschläge durch gerissene Stromleitungen im Löschwasser. Diese Leitungen wurden von den Elektrizitätswerken unverzüglich stromlos geschaltet.

Die Bayerische Staatszeitung vermerkte in ihrer Ausgabe Nr. 81 vom 9. April 1932:

„Der Opfermut der Feuerwehrleute, die unter den schwierigsten und gefahrvollsten Verhältnissen ihren Dienst versahen, wird allgemein anerkannt. Schwarz wie die Kohlenbrenner, verschmutzt an ihren Uniformen und die Müdigkeit in den vom Rauch geröteten und tränenden Augen, waren sie stundenlang auf ihrem Posten. Leider hat der Riesenbrand eine große Zahl von Opfern gefordert. … Die Sanitätskolonne musste in 87 Fällen Hilfe leisten.

Quellenhinweise

  • Heinrich Schläfer: Die Münchner Feuerwehr, 1979
  • Hans-Joachim Profeld: Die Feuerwehr München und ihre Fahrzeuge bis in die 60er Jahre, 1997
  • Branddirektion München: PINI-Album, 1936
  • KHD AG – Magirus Fabrik-Nr. Liste für Feuerlöschpumpen
  • StdA-M: DE-1992-BRA-0403
  • StdA-M: DE-1992-BRA-0404
  • StdA-M: DE-1992-BRA-0632
  • StdA-M: DE-1992-FILM-0050

Bildnachweis

  • Pressestelle der BF München
  • Branddirektion München: PINI-Album, 1936
  • StdA-M: DE-1992-FS-REV-082
  • StdA-M: DE-1992-FS-REV-265
  • StdA-M: DE-1992-FS-REV-090

Danksagung

  • Der Pressestelle der Branddirektion München (BFM) für das zur Verfügung gestellte Bildmaterial
  • Dem Stadtarchiv München (StdA-M) für die zur Einsicht gestellten Archivalien

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