Eine Feuerwehr für alle

Ausgezeichnetes Ehrenamtsprojekt in München setzt auf Inklusion und Diversität.

Üben für einen Einsatz (von links): Jürgen Arnold und Maren Linnenberger, die das Projekt der FF München leiten, sowie die Teammitglieder Andreas Abend und Sabine Seeberg, die beide auch VdK-Mitglieder sind. Foto: Sebastian Heise

v.l.n.r.: Jürgen Arnold, Maren Linnenberger, Andreas Abend, Sabine Seeberg, Foto: Sebastian Heise

Feuerwehrleute mit Behinderung oder geringen Deutschkenntnissen: Was für viele undenkbar klingt, ist in München Wirklichkeit. Die VdK-Zeitung hat sich das Projekt angeschaut.

„Die Kleineren sichern den Fuß, die Größeren richten die Leiter auf!“ Dem 59-jährigen Andreas Abend merkt man die Freude an, als er seiner Gruppe erklärt, wie die große Feuerwehrleiter aufgestellt wird. Das VdK-Mitglied gehört der Freiwilligen Feuerwehr München an. Seine körperliche Behinderung spielt dabei keine Rolle. Denn Andreas Abend ist Teil einer speziellen Gruppe, die auf Diversität und Inklusion setzt.

Vielfältig wie die Stadt

Jürgen Arnold hat Ende 2021 dieses Projekt gestartet. München, die Stadt der Vielfalt, Sprachen und verschiedener Kulturen, zeigt immer wieder, dass zusammenhalten und sich helfen funktionieren. Und die Hilfesuchenden und die Hilfeleistenden sind genauso vielfältig wie die Stadt selbst, beschreibt der Münchner seine Idee.

Seit 1978 engagiert sich Jürgen Arnold bei der Freiwilligen Feuerwehr München. Mehr als 1300 Ehrenamtliche gehören dieser an und unterstützen die rund 3500 Beschäftigten der Berufsfeuerwehr München. Sowohl unter den Hauptamtlichen als auch unter den Ehrenamtlichen dominierten bisher Männer ohne gesundheitliche Einschränkungen und mit besten Deutsch-Kenntnissen.

Am Anfang des Projekts wurde mit Unterstützung der Ludwig-Maximilians-Universität eine Umfrage zu Diversität und Inklusion innerhalb der Freiwilligen Feuerwehr gemacht. 50 Ehrenamtliche wurden zusätzlich persönlich befragt. Acht Personen bildeten schließlich ein Projektteam. Dieses organisierte zwei Werbeaktionen, und so entstand innerhalb von zwei Jahren eine Gruppe mit fast 50 Mitgliedern im Alter zwischen 17 und 65 Jahren, darunter mehr als ein Drittel Frauen. Zwölf Personen haben eine andere Muttersprache als Deutsch, und acht sind gesundheitlich eingeschränkt oder haben eine Behinderung.

Die Gruppe trifft sich alle 14 Tage in der Feuerwache 4, um gemeinsam zu üben. Dabei proben sie wie die anderen Gruppen der Freiwilligen Feuerwehr Brand- und Katastropheneinsätze. Ihre erste große Hilfsaktion war beim Hochwasser im Frühjahr 2024, das Bayern und Baden-Württemberg schwer traf. Außerdem war das Team um Jürgen Arnold und Maren Linnenberger, die gemeinsam die Leitung innehaben, bei mehreren großen Veranstaltungen im Einsatz, zum Beispiel bei Straßensperrungen. Vor Kurzem präsentierte sich die Gruppe beim Umzug zum Saint Patrick‘s Day und bei der Freiwilligenmesse in München.

Preis der Bundeszentrale

Dass vielfältige Gruppen ein Gewinn sind, zeigt sich am Beispiel der verschiedenen Muttersprachen. So können bei Einsätzen die Teammitglieder, die Fremdsprachen sprechen, Menschen mit geringen oder keinen Deutschkenntnissen viel besser helfen als diejenigen, die diese Sprachen nicht beherrschen. 2024 gewann das Projekt beim Wettbewerb „Aktiv für Demokratie und Toleranz“ der Bundeszentrale für politische Bildung einen Preis.

Sabine Seeberg, die sich auch als VdK-Beraterin für Barrierefreiheit engagiert, ist mit Begeisterung dabei. Wie Andreas Abend schätzt die 61-jährige Münchnerin den Zusammenhalt in der Gruppe und den Einsatz für die Mitmenschen in Not. „Jeder ist bei uns willkommen“, sagt Andreas Abend, „und jeder bringt sich mit seinen Fähigkeiten ein.“


Dieser Artikel erschien zunächst in der Mitgliederzeitung des Sozialverbands VdK.